Kann man Kreatives Schreiben lernen? Im englischen Sprachraum würde diese Frage gar nicht so gestellt. Da ist man sich sicher: Genauso, wie man Tennis spielen, Malen oder das Entwerfen von Häusern erlernen kann, kann man auch Kreatives Schreiben lernen. Renommierte Autoren unterrichten in Creative Writing-Kursen – und haben diese auch häufig während ihrer Studienzeit selbst besucht.
Bis zu einem bestimmten Punkt kann man alles lernen
Woher kommt also das Vorurteil, dass man Kreatives Schreiben nicht lernen kann? Gerade in Deutschland hat es meiner Meinung nach etwas mit unserem Verhältnis zur Literatur zu tun. Goethe, Schiller, Kleist – so viele große Namen der Literaturgeschichte gehören zum deutschen Kulturgut. Was diese erreicht haben – so die übliche Erwartung – kann man nicht erlernen, dazu muss man ein Genie sein.
Die Vorstellung, dass man Kreatives Schreiben lernen kann, erschüttert die romantische Vorstellung vom einsamen Schriftsteller, der in seiner Mansarde nur für die Literatur lebt und darauf wartet, von der Muse geküsst zu werden. Das typische Bild eines Schriftstellers in den USA dagegen ist, dass er in New York lebt und regelmäßig Partys mit der kulturellen Elite des Landes feiert.
Beides gibt es sicher, aber beides ist nicht der Normalfall. Schreiben ist viel Arbeit, so wie jede Form der Kreativität. Um einen Roman zu schreiben, braucht man neben einer guten Idee und etwas Talent vor allem Ausdauer und das entsprechende Handwerkszeug. Und genau dieses Handwerkszeug kann man erlernen.
Weil die Möglichkeiten nicht ganz transparent sind, habe ich dir meine fünf besten Tipps zusammengestellt, wie und wo man Kreatives Schreiben lernen kann.
5 Tipps, wie du Kreatives Schreiben lernen kannst
Tipp 1: Lesen
Den Tipp hast du sicher schon gehört. Er ist der absolut wichtigste aus meiner Sicht. Ein Architekt kann nicht lernen, wie man Häuser entwirft, ohne sich anzusehen, wie andere es gemacht haben. Dasselbe gilt für Schriftsteller. Ohne wirklich viele Romane zu lesen, wird man keinen guten schreiben können.
Ich persönlich lese im Schnitt einen Roman pro Woche, außer im Urlaub, da lese ich deutlich mehr. Ich komme so im Jahr auf ca. 70 Romane, die ich lese. Ich finde das viel zu wenig, weil es so viele tolle Bücher gibt, die ich gerne lesen würde. Für einen angehenden Schriftsteller sollte es mindestens ein Buch alle zwei Wochen sein.
Ich verrate dir natürlich auch, warum. Je mehr unterschiedliche Eindrücke du beim Lesen erlangst, desto besser wird dein Gefühl für Sprache und auch dein Gefühl für den Aufbau von Geschichten. Und dies wirst du automatisch in dein eigenes Schreiben einfließen lassen.
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Für meinen Blog koffervollerbuecher.de rezensiere ich einen großen Teil der Bücher, die ich lese. Mir ist dabei aufgefallen, dass ich sehr oft, wenn ich ein Buch rezensiere, in einem ähnlichen Stil schreibe, wie das Buch selbst geschrieben ist. Du siehst also, der Stil färbt ab, und am besten liest du viele Bücher in der Art, wie du sie selbst schreiben möchtest.
Es ist allerdings auch überhaupt nicht schlimm, wenn du mal ein richtig schlechtes Buch liest, aber es sollte dir bewusst sein und du solltest erkennen können, was daran schlecht ist und wie man es besser machen könnte.
Tipp 2: Studium / Schreibkurse
Kreatives Schreiben wird auch als Studium angeboten. Die Universitäten Leipzig und Hildesheim bieten entsprechende Studiengänge an, außerdem die ASH in Berlin sowie Hochschulen in Wien und Bern. Die Studiengänge sind allesamt sehr beliebt, die Auswahlkriterien hoch, dafür stehen die Chancen aber gut, anschließend als Schriftsteller erfolgreich zu sein. Juli Zeh beispielsweise hat in Leipzig studiert.
Neben der Schwierigkeit, einen der begehrten Studienplätze zu ergattern, sind diese Studiengänge für angehende Schriftsteller, die bereits einem anderen Beruf nachgehen, nur eingeschränkt geeignet. Neben einem Vollzeit-Job lässt sich eben nicht in Vollzeit an einer Präsenz-Uni studieren.
Es gibt einige Fernlerninstitute, die Schreib-Studiengänge anbieten, wie die SGD, das ILS oder die Schule des Schreibens. Diese sind natürlich weit weniger bekannt als die staatlich anerkannten Hochschulen, bei denen man mit Bachelor oder Master abschließt. Außerdem knüpft man weit weniger Kontakte zu anderen Autoren, und das Studium muss man bezahlen.
Dafür eignen sich diese Fernlehrgänge jedoch, um sie in Eigenregie neben dem Beruf abzuleisten, und wer genügend Disziplin mitbringt, erhält einiges an Handwerkszeug, eine gute Struktur fürs Selbstlernen sowie Feedback zu eigenen eingereichten Texten. Und auch das ist sehr wichtig, um sich als Schriftsteller weiterzuentwickeln.
Eine weitere Möglichkeit, sich das Kreative Schreiben beibringen zu lassen, sind Schreibkurse. Die gibt es in vielen Städten, oft bieten auch die Volkshochschulen solche Kurse an. Sie sind jedoch häufig nicht sehr umfassend, und wer schnelle Ergebnisse sehen möchte, ist hier möglicherweise an der falschen Adresse. Dafür sind sie jedoch meist recht günstig und man lernt Gleichgesinnte kennen.
Tipp 3: Schreibgruppen
Schreiben lernt man durch Lesen und durch Theorie, aber vor allem auch durch – Schreiben. Da der Blick aufs eigene Werk schon mal (positiv oder negativ) verklärt sein kann, ist es extrem wichtig, früh und regelmäßig Feedback von anderen Menschen, die ebenfalls viel lesen und schreiben, einzuholen.
Am besten schließt du dich dazu einer Schreibgruppe an. Schreibgruppen gibt es in jeder größeren Stadt. Man findet sie über Facebook oder über Portale wie Meet-up. Wichtig ist, dass du eine Schreibgruppe findest, die zu dir passt und die es ernst meint. Ein Kaffeekränzchen zu machen, ist sicher nett, aber es bringt dich im Schreiben keinen Zentimeter voran.
Eine gute Schreibgruppe wird dich in Frage stellen und deine Texte auseinander nehmen. Es hilft dir nichts, wenn deine Texte nur gelobt werden. Dadurch entwickelst du dich nicht weiter. Wichtig ist, dass du dir von Anfang an Kritik anhörst, das bereitet dich auch schon auf dein Leben als Schriftsteller vor.
Wenn du Angst davor hast, dass die Kritik dich zu sehr verletzt, zeige deine Texte einfach vorher oder nachher deinem Partner oder deiner Familie – die werden sehr viel Gutes darin finden. Mit den Hinweisen aus der Schreibgruppe musst du konstruktiv umgehen. Nicht alles wird stimmen, aber in allem wird ein Punkt stecken, den du bedenken solltest.
Tipp 4: Schreibratgeber
Ich bin ein großer Fan von Schreibratgebern und besitze ein ganzes Regal dieser schlauen Bücher. Viele Schriftsteller (z.B. John Irving, Stephen King, Elizabeth George) lassen ihre Fans und angehende Autoren an ihrem Wissen und ihren Erfahrungen teilhaben und geben wertvolle Tipps zum Schreiben.
Einzelne Schreibratgeber zeigen einem sehr konkret Wege auf, wie man seinen Roman von A bis Z schreibt (z.B. Wie man einen verdammt guten Roman schreibt), andere haben sich auf spezielle Genres oder bestimmte Fertigkeiten spezialisiert. Der Markt ist riesig, und eine Recherche lohnt sich auf jeden Fall.
Schreibratgeber sind vor allem für solche Autoren interessant, die gerne autodidaktisch unterwegs sind und sich gezielt zu bestimmten Fragestellungen Hilfe holen. Wenn du lieber direkten Austausch mit anderen hast, sind Tipp 2, 3 und 5 eher etwas für dich.
Tipp 5: Internet
Im Internet kann man alles lernen, und für berufstätige Autoren ist dies eine sehr gute Möglichkeit, sich intensiver mit dem Kreativen Schreiben auseinanderzusetzen. Der große Vorteil ist, dass man alle anderen Tipps miteinander kombinieren kann. Es gibt Online-Schreibkurse, Online-Schreibgruppen, Schreib-Blogs (wie diesen) und etliche Foren.
Hier muss man natürlich eine gehörige Portion Disziplin mitbringen, um sich nicht von den anderen Verlockungen des Internets ablenken zu lassen. Und bei der Vielzahl der Webseiten und Angebote ist es schwierig, den für sich passenden Rahmen zu finden und bei ihm zu bleiben. Auf der anderen Seite kann man nirgends so schnell und unkompliziert mit Gleichgesinnten in der ganzen Welt Kontakt aufnehmen wie im Internet. Und wenn man einfach mal fragt, erhält man jede Menge Unterstützung, die einfach durch die große Reichweite des Mediums zustandekommt.
Ich hoffe, diese Tipps helfen dir, deinen eigenen Weg zu finden, Kreatives Schreiben zu lernen. Aus meiner Sicht ist es vor allem wichtig, sich für einen Weg zu entscheiden und diesen konsequent zu verfolgen. Zu viele verschiedene Ansätze gleichzeitig verfolgen zu wollen lenkt nur den Fokus ab von der eigentlichen Aufgabe: einen eigenen Roman zu schreiben.